Lebensmittelhandel und Logistik: Ausblicke in die Zukunft

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Gegessen und getrunken wird bekanntlich immer, aber das bedeutet keineswegs, dass es in der Lebensmittelbranche keine Veränderungen gibt. Das Gegenteil ist der Fall und deshalb müssen sich sowohl der Lebensmitteleinzelhandel als auch die Lebensmittellogistik in Zukunft auf neue Heraus- und Anforderungen einstellen.

Die deutsche Lebensmittelbranche ist einer der wichtigsten Industriezweige überhaupt, der jährliche Umsatz liegt im dreistelligen Milliardenbereich. Neben dem inländischen Lebensmitteleinzelhandel ist vor allem der Export ein Wachstumsmarkt. Gleiches gilt für den Online-Handel mit Lebensmitteln: Denn auch dieser gewinnt an Bedeutung und bedeutet für den stationären Einzelhandel genauso wie für die Logistikunternehmen neue Herausforderungen.

Wie und wo kaufen wir unsere Lebensmittel?

Genau genommen entstehen diese Herausforderungen nicht allein durch den boomenden Online-Handel, sie sind Bestandteil eines weitergehenden Strukturwandels. Der zeigt sich auf verschiedenen Ebenen:

Demografische Faktoren

Die Struktur der Gesellschaft verändert sich in mehreren Bereichen. Der Anteil älterer Menschen steigt, die Lebenserwartung steigt und selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter ist ein wichtiges Thema. Haushalte werden im Allgemeinen immer kleiner, das Leben konzentriert sich mehr in den Städten. Beide Entwicklungen schlagen sich beispielsweise in der höheren Nachfrage nach Convenience-Produkten nieder, die vielfach auf Single-Haushalte ausgelegt sind.

Technische Faktoren

Digitalisierung und mobile Endgeräte haben Omni-Channel-Ansätze in verschiedenen Geschäftsbereichen ermöglicht. Kommunikation mit den Kunden, Marketingmaßnahmen und Kaufverhalten laufen über unterschiedlichste Kanäle. In jedem dieser Bereiche bestehen Berührungspunkte zwischen digitaler und analoger Welt.

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Im Gegensatz zu anderen Branchen werden solche Möglichkeiten beim Lebensmitteleinkauf bislang weniger genutzt. Trotzdem zeigen sich auch hier bereits die Veränderungen, wie Kunden an Informationen über Lebensmittel und Getränke gelangen und wie sie diese schlussendlich einkaufen.

Für die Lebensmittellogistik bietet die Digitalisierung neue Möglichkeiten, um die Abwicklung von Aufträgen von der Planung bis zur Kontrolle noch effizienter zu gestalten. Die Herausforderung wird unter anderem darin bestehen, das wachsende Datenmaterial zu Produkten, spezifischen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen, Streckenplanung etc. in der Praxis sinnvoll einzusetzen.

Kundenansprüche

Ein stärkeres Bewusstsein der Kunden einerseits sowie die besseren Informationsmöglichkeiten andererseits haben auch bei den Ansprüchen und Erwartungen für Veränderungen gesorgt. Der Preis von Lebensmittel ist längst nicht mehr das wichtigste Kriterium, beim Einkauf legen die Verbraucher mehr Wert auf Qualität.

Auch in dieser Hinsicht ist die Lebensmittellogistik gefragt. Verderblichkeit und Qualitätsveränderungen während des Transports zum Endkunden sind deshalb genauso relevante Aspekte wie Herkunft von Produkten oder das Thema Nachhaltigkeit.

Lebensmitteleinkauf als Omni-Channel-Erfahrung

Diese Themen sind aber auch an anderer Stelle relevant, nämlich bei der Kundenansprache. Das betrifft sowohl die Form als auch die Qualität der Informationen. Marketing und Kundenkommunikation sind wie der Vertrieb eine Omni-Channel-Angelegenheit.

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Tatsächlich sind die Grenzen zwischen diesen beiden Geschäftsbereichen im Zuge der Digitalisierung sogar fließend geworden: Informationen werden zunehmend online eingeholt, um die entsprechenden Produkte in den Filialen zu kaufen. Mit mobilen Geräten ist das sogar vor Ort möglich, QR-Codes auf den Verpackungen verbinden digital und analog zusätzlich, um nur einige Beispiele zu nennen.

Trotz der wachsenden Bedeutung von Onlinehandel und digitalen Marketingstrategien behalten analoge Formate weiterhin ihre Bedeutung. Wichtiger wird vielmehr ein übergangsloses Einkaufs- und Informationserlebnis zwischen den verschiedenen Kanälen und ein einheitliches Markenerlebnis ohne Brüche.

Das fällt aber nicht allein in die Verantwortung des Lebensmitteleinzelhandels, gefragt sind hier auch die Hersteller. Die müssen eine Balance finden zwischen digitaler und analoger Markenpräsentation, wobei nicht zuletzt Aufmachung und Qualität der Produktaufmachung eine zentrale Rolle spielen.

Bewährte Mittel wie Verpackungen und Etiketten können individuell an unterschiedlichste Anforderungen angepasst werden und damit im Lebensmittelhandel nicht nur für eine optische Aufwertung sorgen, sondern beispielsweise gleichzeitig das Informationsbedürfnis der Kunden befriedigen und Marketingziele verbreiten. Sie sind außerdem der letzte und damit entscheidende Touchpoint mit dem Kunden, weswegen ihnen besondere Bedeutung zukommt.

Das gilt umso mehr, als die Veränderungen in zu einem Omni-Channel-Lebensmitteleinzelhandel bereits spürbar werden: Die Kunden haben neue Möglichkeiten, ihre Lebensmittel einzukaufen und nutzen diese auch. Das bestätigen nicht zuletzt die Ergebnisse einer Umfrage, die der Handelsverband Deutschland HDE im Rahmen der umfangreichen KPMG-Studie „Trends im Handel 2025. Erfolgreich in Zeiten von Omni-Business“ hat durchführen lassen.

  • Der Lebensmitteleinkauf, bei dem die Lebensmittel vorher online bestellt und auf dem Nachhauseweg in der Filiale ohne Aufpreis abgeholt werden, verliert zwar insgesamt an Bedeutung, bleibt aber das zweitwichtigste Shoppingkonzept.
  • Lebensmitteleinkäufe, bei denen nach der Online-Auswahl die gewünschten Produkte auch nach Hause geliefert werden, gewinnt hingegen an Bedeutung.
  • Kaum eine Rolle spielen bisher allerdings smarte Lösungen wie die automatisierte Nachbestellung durch intelligente Haushaltsgeräte.

Für die Einzelhändler stellt sich daher die Frage, wie sie mit derartigen Entwicklungen umgehen und welche logistischen Konsequenzen diese haben. Die Produkte müssen beispielsweise nicht nur in die Filialen geliefert werden, sondern in zunehmendem Maß auch direkt an die Haustüren der Kunden. Was bedeutet das für die Lieferwege und die Lagerung? Wie lassen sich die unterschiedlichen Konzepte so miteinander verbinden, dass Kundenbedürfnisse, Nachhaltigkeitsaspekte und die Kosten-Nutzen-Rechnung erfüllt werden können?

Der Wandel der Logistikstrukturen

Lebensmittellogistik meint weit mehr als die Lieferung von Lebensmitteln und Getränken vom Hersteller zum Händler. Vielmehr fallen unter den Begriff sowohl Planung als auch Steuerung und Kontrolle der gesamten Wertschöpfung – vom Produzenten der Rohstoffe bis zum Endkunden. Um eine solch komplexe Aufgabe zu lösen, haben sich verschiedene Modelle entwickelt:

  • Streckenbelieferung. Sozusagen die „einfachste“ Variante, denn hierbei erfolgt die Auslieferung direkt vom Hersteller in den Handel, ohne Zwischenlagerung.
  • Zentral- oder Regionalbelieferung. Da die Streckenbelieferung nur dann effizient ist, wenn der Lebensmittelhandel so große Mengen bestellt, dass die Fahrzeuge voll ausgelastet sind, wird in der Praxis in der Regel auf ein System mit einem Zentral- und einigen Regionallagern gesetzt. Die Hersteller beliefern diese Lager, von denen aus die Bestellungen des Einzelhandels gebündelt in die einzelnen Filialen gelangen.
  • Beschaffungslogistik des Handels. Anders als in den bisher beschriebenen Fällen kümmert sich der Händler hierbei selbst darum, die Beschaffung der Produkte zu organisieren. Der Koordinationsaufwand liegt somit hauptsächlich beim Einzelhandel, der im Gegenzug für effizientere Transport- und Lagerprozesse sorgen kann.

Durch den Wandel zum Omni-Channel-Business und das Entstehen zusätzlicher Vertriebskanäle haben sich daneben aber auch neue Logistikstrukturen und Geschäftsmodelle entwickelt.

Neue Logistik, neue Geschäftsmodelle

Anna Figiel und Benjamin Nitsche vom Fachgebiet Logistik der TU Berlin haben diese jüngeren Trends in ihrer Analyse „Zukunftstrends der Lebensmittellogistik – Herausforderungen und Lösungsimpulse“ aufgezeigt.

Lieferung an die Haustür. Wenig Zeit für den Einkauf bei Berufstätigen, abnehmende Mobilität bei älteren Menschen, insgesamt ein großer Wunsch nach mehr Komfort – für Lebensmittellieferungen nach Hause besteht durchaus eine relevante Nachfrage. Ausgeliefert werden die Bestellungen üblicherweise von den Filialen oder den Zentrallagern.

Neue Geschäftsmodelle. Neben den klassischen Lebensmitteleinzelhändlern wächst die Zahl der Wettbewerber, die auf andere Geschäftsmodelle setzen. Die derzeit wichtigsten darunter sind

  • Online-Supermärkte, die keine Filialen, sondern nur noch Lager unterhalten und ihr Angebot über eine Web-Plattform zugänglich machen. Das Konzept funktioniert für Vollsortimente ebenso wie für spezialisierte Sortimente.
  • Anbieter von Lebensmittelboxen. Der Inhalt kann hier in jeder nur erdenklichen Weise variiert werden, sowohl was die Auswahl der enthaltenen Lebensmittel als auch den Umfang anbelangt. Wie individuell die Boxen von den Kunden zusammengestellt werden können, hängt dabei von den jeweiligen Anbietern ab. Für die Auslieferung sind üblicherweise KEP-Dienste (Kurier-, Express- und Postdienste) zuständig.

Eine der Herausforderungen, die durch die neuen Strukturen und Geschäftsmodelle entstehen, ist die Frage nach Optimierungsmöglichkeiten entlang der Lieferkette. Bei der Planung und Steuerung der notwendigen Prozesse wird es in zunehmendem Maße auf eine leistungsfähige IT ankommen.

Sie kann außerdem eine zentrale Rolle spielen, um praktikable Lösungen in puncto Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit zu finden, von umweltfreundlichen Verpackungslösungen bis hin zu weniger Lebensmittelverschwendung.

Neue Perspektiven für die Lebensmittelbranche

Die Lebensmittelbranche und mit ihr die dazugehörige Logistik werden sich auch in Zukunft in vielerlei Hinsicht weiterentwickeln. Welche Trends könnten dabei eine maßgebliche Rolle spielen – oder tun es bereits? Das Projekt FOX (Food processing in a Box) des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI hat sich mit diesen Fragen auseinandergesetzt und mögliche Antworten gefunden.

Unter den 50 wichtigsten Trends sind einige Bekannte: mehr Transparenz entlang der Wertschöpfungskette beispielsweise, die Versorgung kleinerer Haushalte oder die Digitalisierung des Lebensmitteleinzelhandels. Die Bandbreite der möglichen und wahrscheinlichen Veränderungen betrifft aber eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte, bei denen Technologien ebenso eine Rolle spielen wie das Konsumverhalten der Menschen oder die Anforderungen eines nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen.

Die Zukunft wird für die Lebensmittelbranche daher weiterhin verschiedenste Veränderungen bereithalten. Die Lösungen für diese Veränderungen werden in weiten Teilen auch aus dem Bereich der Lebensmittellogistik kommen müssen.

Bild von Daniel Mahnken, Leiter Unternehmenskommunikation bei Saloodo!

Autorin:

Daniel Mahnken
Daniel Mahnken ist Senior Corporate Communications Manager bei Saloodo!. Als gelernter Journalist liegt ihm das Schreiben quasi im Blut. Nach seinem Sportpublizistik-Studium wollte er eigentlich Germany’s Next Sport-Kommentator werden, doch dann entdeckte er die Logistik und kommt seitdem nicht mehr davon los.

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