Lebensmittelhandel und Logistik: Ausblicke in die Zukunft

Symbolbild fรผr Artikel zu Lebensmittelhandel und Logistik
Gegessen und getrunken wird bekanntlich immer, aber das bedeutet keineswegs, dass es in der Lebensmittelbranche keine Verรคnderungen gibt. Das Gegenteil ist der Fall und deshalb mรผssen sich sowohl der Lebensmitteleinzelhandel als auch die Lebensmittellogistik in Zukunft auf neue Heraus- und Anforderungen einstellen.

Die deutsche Lebensmittelbranche ist einer der wichtigsten Industriezweige รผberhaupt, der jรคhrliche Umsatz liegt im dreistelligen Milliardenbereich. Neben dem inlรคndischen Lebensmitteleinzelhandel ist vor allem der Export ein Wachstumsmarkt. Gleiches gilt fรผr den Online-Handel mit Lebensmitteln: Denn auch dieser gewinnt an Bedeutung und bedeutet fรผr den stationรคren Einzelhandel genauso wie fรผr die Logistikunternehmen neue Herausforderungen.

Wie und wo kaufen wir unsere Lebensmittel?

Genau genommen entstehen diese Herausforderungen nicht allein durch den boomenden Online-Handel, sie sind Bestandteil eines weitergehenden Strukturwandels. Der zeigt sich auf verschiedenen Ebenen:

Demografische Faktoren

Die Struktur der Gesellschaft verรคndert sich in mehreren Bereichen. Der Anteil รคlterer Menschen steigt, die Lebenserwartung steigt und selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter ist ein wichtiges Thema. Haushalte werden im Allgemeinen immer kleiner, das Leben konzentriert sich mehr in den Stรคdten. Beide Entwicklungen schlagen sich beispielsweise in der hรถheren Nachfrage nach Convenience-Produkten nieder, die vielfach auf Single-Haushalte ausgelegt sind.

Technische Faktoren

Digitalisierung und mobile Endgerรคte haben Omni-Channel-Ansรคtze in verschiedenen Geschรคftsbereichen ermรถglicht. Kommunikation mit den Kunden, MarketingmaรŸnahmen und Kaufverhalten laufen รผber unterschiedlichste Kanรคle. In jedem dieser Bereiche bestehen Berรผhrungspunkte zwischen digitaler und analoger Welt.

Symbolbild fรผr Artikel zu Lebensmittelhandel und Logistik
Adobe Stock ยฉ Martin Barraud/KOTO

Im Gegensatz zu anderen Branchen werden solche Mรถglichkeiten beim Lebensmitteleinkauf bislang weniger genutzt. Trotzdem zeigen sich auch hier bereits die Verรคnderungen, wie Kunden an Informationen รผber Lebensmittel und Getrรคnke gelangen und wie sie diese schlussendlich einkaufen.

Fรผr die Lebensmittellogistik bietet die Digitalisierung neue Mรถglichkeiten, um die Abwicklung von Auftrรคgen von der Planung bis zur Kontrolle noch effizienter zu gestalten. Die Herausforderung wird unter anderem darin bestehen, das wachsende Datenmaterial zu Produkten, spezifischen Qualitรคts- und Sicherheitsanforderungen, Streckenplanung etc. in der Praxis sinnvoll einzusetzen.

Kundenansprรผche

Ein stรคrkeres Bewusstsein der Kunden einerseits sowie die besseren Informationsmรถglichkeiten andererseits haben auch bei den Ansprรผchen und Erwartungen fรผr Verรคnderungen gesorgt. Der Preis von Lebensmittel ist lรคngst nicht mehr das wichtigste Kriterium, beim Einkauf legen die Verbraucher mehr Wert auf Qualitรคt.

Auch in dieser Hinsicht ist die Lebensmittellogistik gefragt. Verderblichkeit und Qualitรคtsverรคnderungen wรคhrend des Transports zum Endkunden sind deshalb genauso relevante Aspekte wie Herkunft von Produkten oder das Thema Nachhaltigkeit.

Lebensmitteleinkauf als Omni-Channel-Erfahrung

Diese Themen sind aber auch an anderer Stelle relevant, nรคmlich bei der Kundenansprache. Das betrifft sowohl die Form als auch die Qualitรคt der Informationen. Marketing und Kundenkommunikation sind wie der Vertrieb eine Omni-Channel-Angelegenheit.

Symbolbild fรผr Artikel zu Lebensmittelhandel und Logistik
Adobe Stock ยฉ paulaphoto

Tatsรคchlich sind die Grenzen zwischen diesen beiden Geschรคftsbereichen im Zuge der Digitalisierung sogar flieรŸend geworden: Informationen werden zunehmend online eingeholt, um die entsprechenden Produkte in den Filialen zu kaufen. Mit mobilen Gerรคten ist das sogar vor Ort mรถglich, QR-Codes auf den Verpackungen verbinden digital und analog zusรคtzlich, um nur einige Beispiele zu nennen.

Trotz der wachsenden Bedeutung von Onlinehandel und digitalen Marketingstrategien behalten analoge Formate weiterhin ihre Bedeutung. Wichtiger wird vielmehr ein รผbergangsloses Einkaufs- und Informationserlebnis zwischen den verschiedenen Kanรคlen und ein einheitliches Markenerlebnis ohne Brรผche.

Das fรคllt aber nicht allein in die Verantwortung des Lebensmitteleinzelhandels, gefragt sind hier auch die Hersteller. Die mรผssen eine Balance finden zwischen digitaler und analoger Markenprรคsentation, wobei nicht zuletzt Aufmachung und Qualitรคt der Produktaufmachung eine zentrale Rolle spielen.

Bewรคhrte Mittel wie Verpackungen und Etiketten kรถnnen individuell an unterschiedlichste Anforderungen angepasst werden und damit im Lebensmittelhandel nicht nur fรผr eine optische Aufwertung sorgen, sondern beispielsweise gleichzeitig das Informationsbedรผrfnis der Kunden befriedigen und Marketingziele verbreiten. Sie sind auรŸerdem der letzte und damit entscheidende Touchpoint mit dem Kunden, weswegen ihnen besondere Bedeutung zukommt.

Das gilt umso mehr, als die Verรคnderungen in zu einem Omni-Channel-Lebensmitteleinzelhandel bereits spรผrbar werden: Die Kunden haben neue Mรถglichkeiten, ihre Lebensmittel einzukaufen und nutzen diese auch. Das bestรคtigen nicht zuletzt die Ergebnisse einer Umfrage, die der Handelsverband Deutschland HDE im Rahmen der umfangreichen KPMG-Studie โ€žTrends im Handel 2025. Erfolgreich in Zeiten von Omni-Businessโ€œ hat durchfรผhren lassen.

  • Der Lebensmitteleinkauf, bei dem die Lebensmittel vorher online bestellt und auf dem Nachhauseweg in der Filiale ohne Aufpreis abgeholt werden, verliert zwar insgesamt an Bedeutung, bleibt aber das zweitwichtigste Shoppingkonzept.
  • Lebensmitteleinkรคufe, bei denen nach der Online-Auswahl die gewรผnschten Produkte auch nach Hause geliefert werden, gewinnt hingegen an Bedeutung.
  • Kaum eine Rolle spielen bisher allerdings smarte Lรถsungen wie die automatisierte Nachbestellung durch intelligente Haushaltsgerรคte.

Fรผr die Einzelhรคndler stellt sich daher die Frage, wie sie mit derartigen Entwicklungen umgehen und welche logistischen Konsequenzen diese haben. Die Produkte mรผssen beispielsweise nicht nur in die Filialen geliefert werden, sondern in zunehmendem MaรŸ auch direkt an die Haustรผren der Kunden. Was bedeutet das fรผr die Lieferwege und die Lagerung? Wie lassen sich die unterschiedlichen Konzepte so miteinander verbinden, dass Kundenbedรผrfnisse, Nachhaltigkeitsaspekte und die Kosten-Nutzen-Rechnung erfรผllt werden kรถnnen?

Der Wandel der Logistikstrukturen

Lebensmittellogistik meint weit mehr als die Lieferung von Lebensmitteln und Getrรคnken vom Hersteller zum Hรคndler. Vielmehr fallen unter den Begriff sowohl Planung als auch Steuerung und Kontrolle der gesamten Wertschรถpfung โ€“ vom Produzenten der Rohstoffe bis zum Endkunden. Um eine solch komplexe Aufgabe zu lรถsen, haben sich verschiedene Modelle entwickelt:

  • Streckenbelieferung. Sozusagen die โ€žeinfachsteโ€œ Variante, denn hierbei erfolgt die Auslieferung direkt vom Hersteller in den Handel, ohne Zwischenlagerung.
  • Zentral- oder Regionalbelieferung. Da die Streckenbelieferung nur dann effizient ist, wenn der Lebensmittelhandel so groรŸe Mengen bestellt, dass die Fahrzeuge voll ausgelastet sind, wird in der Praxis in der Regel auf ein System mit einem Zentral- und einigen Regionallagern gesetzt. Die Hersteller beliefern diese Lager, von denen aus die Bestellungen des Einzelhandels gebรผndelt in die einzelnen Filialen gelangen.
  • Beschaffungslogistik des Handels. Anders als in den bisher beschriebenen Fรคllen kรผmmert sich der Hรคndler hierbei selbst darum, die Beschaffung der Produkte zu organisieren. Der Koordinationsaufwand liegt somit hauptsรคchlich beim Einzelhandel, der im Gegenzug fรผr effizientere Transport- und Lagerprozesse sorgen kann.

Durch den Wandel zum Omni-Channel-Business und das Entstehen zusรคtzlicher Vertriebskanรคle haben sich daneben aber auch neue Logistikstrukturen und Geschรคftsmodelle entwickelt.

Neue Logistik, neue Geschรคftsmodelle

Anna Figiel und Benjamin Nitsche vom Fachgebiet Logistik der TU Berlin haben diese jรผngeren Trends in ihrer Analyse โ€žZukunftstrends der Lebensmittellogistik โ€“ Herausforderungen und Lรถsungsimpulseโ€œ aufgezeigt.

Lieferung an die Haustรผr. Wenig Zeit fรผr den Einkauf bei Berufstรคtigen, abnehmende Mobilitรคt bei รคlteren Menschen, insgesamt ein groรŸer Wunsch nach mehr Komfort โ€“ fรผr Lebensmittellieferungen nach Hause besteht durchaus eine relevante Nachfrage. Ausgeliefert werden die Bestellungen รผblicherweise von den Filialen oder den Zentrallagern.

Neue Geschรคftsmodelle. Neben den klassischen Lebensmitteleinzelhรคndlern wรคchst die Zahl der Wettbewerber, die auf andere Geschรคftsmodelle setzen. Die derzeit wichtigsten darunter sind

  • Online-Supermรคrkte, die keine Filialen, sondern nur noch Lager unterhalten und ihr Angebot รผber eine Web-Plattform zugรคnglich machen. Das Konzept funktioniert fรผr Vollsortimente ebenso wie fรผr spezialisierte Sortimente.
  • Anbieter von Lebensmittelboxen. Der Inhalt kann hier in jeder nur erdenklichen Weise variiert werden, sowohl was die Auswahl der enthaltenen Lebensmittel als auch den Umfang anbelangt. Wie individuell die Boxen von den Kunden zusammengestellt werden kรถnnen, hรคngt dabei von den jeweiligen Anbietern ab. Fรผr die Auslieferung sind รผblicherweise KEP-Dienste (Kurier-, Express- und Postdienste) zustรคndig.

Eine der Herausforderungen, die durch die neuen Strukturen und Geschรคftsmodelle entstehen, ist die Frage nach Optimierungsmรถglichkeiten entlang der Lieferkette. Bei der Planung und Steuerung der notwendigen Prozesse wird es in zunehmendem MaรŸe auf eine leistungsfรคhige IT ankommen.

Sie kann auรŸerdem eine zentrale Rolle spielen, um praktikable Lรถsungen in puncto Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit zu finden, von umweltfreundlichen Verpackungslรถsungen bis hin zu weniger Lebensmittelverschwendung.

Neue Perspektiven fรผr die Lebensmittelbranche

Die Lebensmittelbranche und mit ihr die dazugehรถrige Logistik werden sich auch in Zukunft in vielerlei Hinsicht weiterentwickeln. Welche Trends kรถnnten dabei eine maรŸgebliche Rolle spielen โ€“ oder tun es bereits? Das Projekt FOX (Food processing in a Box) des Fraunhofer-Instituts fรผr System- und Innovationsforschung ISI hat sich mit diesen Fragen auseinandergesetzt und mรถgliche Antworten gefunden.

Unter den 50 wichtigsten Trends sind einige Bekannte: mehr Transparenz entlang der Wertschรถpfungskette beispielsweise, die Versorgung kleinerer Haushalte oder die Digitalisierung des Lebensmitteleinzelhandels. Die Bandbreite der mรถglichen und wahrscheinlichen Verรคnderungen betrifft aber eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte, bei denen Technologien ebenso eine Rolle spielen wie das Konsumverhalten der Menschen oder die Anforderungen eines nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen.

Die Zukunft wird fรผr die Lebensmittelbranche daher weiterhin verschiedenste Verรคnderungen bereithalten. Die Lรถsungen fรผr diese Verรคnderungen werden in weiten Teilen auch aus dem Bereich der Lebensmittellogistik kommen mรผssen.

Bild von Daniel Mahnken, Leiter Unternehmenskommunikation bei Saloodo!

Autorin:

Daniel Mahnken
Daniel Mahnken ist Senior Corporate Communications Manager bei Saloodo!. Als gelernter Journalist liegt ihm das Schreiben quasi im Blut. Nach seinem Sportpublizistik-Studium wollte er eigentlich Germanyโ€™s Next Sport-Kommentator werden, doch dann entdeckte er die Logistik und kommt seitdem nicht mehr davon los.

Das kรถnnte Sie auch interessieren

Bekannt aus:
Gรผtesiegel des BME fรผr Saloodo als effiziente Logistiklรถsung

We make logistics fast. smart. reliable.

Sign up here!

January 19th

Jetzt registrieren!

26. November